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Fanny Metzger, geb. Berberich - Chronologisch

Veröffentlicht am 08.06.2023

Grabstein auf dem jüdischen Teil des Bruchsaler FriedhofsGrabstein auf dem jüdischen Teil des Bruchsaler Friedhofs

 

Über ein Jahr lang recherchiere ich bereits, um etwas über Fanny Metzger, geborene Berberich (1882 - 1946) herauszufinden. Meine bisherigen Ergebnisse:

Fanny Berberich wurde am 1. März 1882 in Großkrotzenburg (bei Hanau) als uneheliches Kinde der Dina Berberich (28.11.1858 - 1.2.1921) geboren. Der Vater von Fanny ist unbekannt.  Dina Berberich hat später Leopold Gotthelf (1856 - 1931) geheiratet. Die Gotthelfs und Berberischs gehöären zu den alteingesessenen jüdischen Familie Großkrotzenburgs. Auch Fanny war Jüdin.

Am 15. Februar 1906 heiraten Fanny Berberich und Gotthilf Metzger (geb. 19. April 1880 in Schmie, heute Ortsteil von Maulbronn) in Karlsruhe. Gotthilf Metzger war wie sein Vater Andreas Metzger (1829 - 1905) Bildhauer in Bruchsal. Im Karlsruher Trauregister ist bei Fanny der Wohnort Bruchsal und als Konfession "evangelisch" eingetragen .

Fanny und Gotthilf Metzger wohnten in Bruchsal in der Friedhofstr. 50 (früher Hochstr. 3).

Gotthilf hatte auch ein Stiefschwester (Andreas Metzger war in dritter Ehe mit Maria Katharina, geb. Winkler (geboren 27.9.1849 in Gundelfingen, gestorben am 24.2.1899 in Bruchsal) Martha Johanna, geb. 29.10.1892 in Bruchsal, die 1924 den Pfarrer Karl Adolf Schmoll heiratete.

1913 Gotthilf und Fanny adoptieren Karl Heinrich Wilhelm (Willy) Metzger, geboren am 8.5.1906 in Schwalmstadt-Ziegenhain/Hessen (geb. Schefer). Interessant: im Taufregister ist als Patin eine Frau Henriette Wilhelmine Regina Amalia Viebig, geb. Göring eingetragen. Sie war die Frau des Oberstaatsanwalts Ferdinand Viebig und löieß sich bei der Taufe durch die Hebamme vertreten. Frau Viebig, geb. Göring war die Tante des späteren Reichsmachschalls Hermann Göring und Schwägerin der damaligen Bestsellerautorin Clara Viebig.

Während des 1. Weltkriegs ist Gotthilf Metzger Kriegsteilnehmer; er erhielt das Ritterkreuz des Ordens vom Zähringer Löwen und der silbernen Verdienstmedaille am Bande der militärischen Karl-Friedrich-Verdienstmedaille

Am 9.9.1922 stirbt Gotthilf Metzger, gerade mal 42 Jahre alt

1925: Fanny erscheint als Witwe im Bruchsaler Adressbuch. Auch der Bildhauerbetrieb wird noch erwähnt: Gotthil Metzger, Bildhauerei. Außerdem wohnen in dem Haus in der Hochstr. 3 (heute Friedhofsstraße 50) noch zwei weitere Personen: Mina Müller und der Kaufmann Otto Wachter.

1931: Im Adressbuch von 1931 steht bezüglich Hochstr. 3: Fanny Metzger, Bildhauerei und Grabsteingeschäft. Außerdem werden Wilhelm Metzger als Bildhauer genannt und der Schlosser Otto Hörner und sien Frau Toni, sowie der Bildhauer Peter Kunz.

1938 Wilhelm/Willy Metzger verheiratet sich am 30.7. 1938 mit Else Maria, geb. Müller (geb 1.7.1907 in Bad Waldsee, gest. 3.2.1987 in Bruchsal)

1939 gab es eine Volkszählung, bei der die jüdischen Bürger erfasst wurden. Fanny erscheint in dieser Liste mit "--JJ". Dh. zwei Großelternteile waren jüdisch, während bei den beiden anderen - der Vater war ja unbekannt - nichts ausgewiesen ist. Im Haus Hochstr. 3 wohnt ebenfalls ein Wolfram Benda, geboren 4. August 1904 in Charlottenburg, als Sohn des Konzertmeisters Willy Benda. Der Ingenieur Wolfram Benda heiratet 1941 in Stuttgart und scheint danach in die Schweiz emigiriert zu sein. Wolfgram Benda war Halbjude.

1940: Deportation der Juden aus Baden nach Gurs/Südfrankreich. die msietn der jüdischen Bürger Bruchsals werden deportiert, soweit sie nicht schon voher emigriert sind. In Bruchsal leben nur noch sehr wenige Juden.

Ab April 1940 ist Willy/Wilhelm Metzger Soldat im Bau- bzw. Bau-Pionier-Batl., und war die meiste Zeit in Norwegen stationiert.

1944: Am 12 Juni verfasst Fanny in ihrer Wohnung ein notariell beglaubigtes Testament (Notar Justizrat Hampe/Bruchsal).

Aus diesem Testament geht hervor, dass Fanny zum Zeitpunkt der Abfassung des Testaments blind war und schon längere Zeit auf Hilfe angewiesen war; sie schreibt im Testament: "... und ich schon seit langem die Fürsorge anderer Leute bei meinem hilflosen Zustand in Anspruch nehmen muss“. Frau Elisabeth Borkholder hat sie in Bruchsal versorgt. Sie wird deshalb im Testament im Vermächtnis berücksichtigt. Frau Borkholder hat in Bruchsal in der Hochstr. 3 gewohnt.

Eine Maria Kohler, Obergrombacher Str. und Friededrike Braun (Nichte von Gotthilf Metzger; wohnhaft Rheinstr. 44) und deren Tochter Margot Braun erhalten ein Vermächtnis für "geleistete Dienste".

Auch Gottfried Schmoll aus Kassel - Sohn der Martha Schmoll, geb. Metzger - erhält ein Vermächtnis.

Alleinerbe wird Wilhelm Metzger.

Auch Karl Reiss, Justizangestellter, Schwiegersohn der Elisabeth Borkholder, wohnhaft in Müchen, Östliche Nesselwanger Str. (Forstenried) wird im Testament bedacht wird.

Fanny vermacht den Ev. Gemeindeschwestern in Bruchsal „in Anerkennung ihrer treuen Beihilfe“ 200 RM und der Evang. Kirchengemeinde Bruchsal – Südpfarrei – „zur Verwendung für gute Zwecke“ weitere 200 RM.

Fanny scheint zur Zeit der Abfassung des Testaments mittellos gewesen zu sein, da sie Frau Borkholder Geld schuldet, was aus dem Erbe bezahlt werden soll. Außerdem erklärt Fanny im Testament, dass sie Frau Borkholder "für für ihre Dienstleistungen“ keine Barvergütung entrichten konnte und es voraussichtlich auch in Zukunft nicht können wird. “Sie darf deshalb bis zu meinem Tode eine Forderung auf Barvergütung an meinen Nachlass i.H.v. täglich 1.50 M (…) geltend machen (..) und zwar vom 1.Juli 1944 an.“

Am 1.10.1945 zieht Frau Borkholder zusammen mit Fanny Metzger nach München (Forstenried). Fanny ist pflegebedürftig und wohnt bei Elisabeth Borkholder in der Nesselwanger Str., Haus ohne Nummer, bzw. Östlicher Feldweg (heute Füssener Str.)

1.3.1946 Fanny Mezuger, geb. Berberich stirbt - an ihrem Geburtstag - in Forstenried im Alter von 64 Jahren.

6.3.1946 Todesmeldung des Standesamtes München an das Nachlassgericht München und die israelitische Kultusgemeinde München.

7.3.1946 Fanny Leichnam wird zur Bestattung nach Bruchsal überführt.

11.5.1946 Elisabeth Borkholder erklärt gegenüber dem Nachlassgerichtr München ihre Bereitschaft, die Abwesenheitspflegschaft zu übernehmen; sie erklärt, dass sie bisher Verwalterin des Hauses war und die Verhältnisse gut kennt.

 

15.6.1946 Otto Müller Schwiegervater von Wilhelm Metzger erklärt bei einem Notariatstermin in Bruchsal, dass sich Wilhelm noch in französischer Kriegsgefangenschaft befindet. 

Es ergibt sich eine Auseinandersetzung, da Otto Müller eine Vollmacht von und für Wilhelm Metzger hat und Elisabeth Borkholder von Fanny Metzger eine Vollmacht erhalten hat, die über den Tod hinaus gilt.

Der Tod von Fanny Metzger wird von der Stadt München im Juni 1947 der amerikanischen Besatzungsmacht gemeldet; in dieser Anzeig wird Fanny als jüdisch bezeichnet.

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